Was tun Mediotheken in Sachen Leseförderung für Jugendliche? Wir haben nachgefragt in der Mediothek Sternmatt 2 in Baar ZG.
Frau Bucheli, welche Bücher / Themen sind bei Ihren Jugendlichen gerade sehr gefragt?
Claudia Bucheli: “Das sind entweder dünne Bücher für leseschwache Jugendliche oder dann mehrbändige Mystery-Thriller, Romantic-Thriller, Dystopien oder heftige, krasse Stories für Lesebegeisterte.”
Wie versucht Ihre Mediothek, Jugendliche zum Lesen zu motivieren?
“Ich versuche in erster Linie in der Mediothek eine Atmosphäre zu schaffen, in der sich die Besucherinnen und Besucher wohlfühlen und gern vorbeikommen. Alle Leseangebote sind niederschwellig. Hier ein aufgeschlagenes Buch mit coolen Bildern zu einem Thema oder da ein QR-Code auf dem Buch mit dem Buchtrailer, der mit einer Klasse entstanden ist. Gern auch mal ein auffälliges Zitat aus einem Buch, das Interesse weckt, das danebenliegende Original in die Hand zu nehmen und hineinzuschnuppern. Besonders cool sind Angebote, bei denen die Jugendlichen mitmachen können oder in Zusammenarbeit mit einzelnen Klassen geschehen. Buchtrailer-Produktionen oder gemeinsame Einkäufe in der Buchhandlung sind solche Beispiele. Immer ein Erfolg sind Besuche von Autoren. Diese Begegnungen wirken wie ein Katalysator und motivieren Jugendliche, in ein Buch einzutauchen.”
Welche Aktionen stossen auf positive Reaktionen?
“Besonders erfolgreich bin ich ausserdem mit dem Makerspace. Das sind monatlich wechselnde Angebote, die Schülerinnen und Schüler in der Mediothek besuchen können. Beispielsweise Roboter programmieren, Trickfilme herstellen, eine Drohne fliegen, Grittibänzen backen usw. Es darf getüftelt und ausprobiert werden. Man trifft sich, kommt miteinander ins Gespräch und kann dabei auch Lesetipps einfliessen lassen oder von einem sehenswerten Film erzählen, den es auch als Buch gibt. Auf diese Weise passiert es oft, dass Jugendliche sich mit einem Buch in die Sofaecke setzen und später dann eine Neuheit mit nach Hause nehmen. Das zweite grosse Erfolgsprojekt ist natürlich Schulhund Mambo, der mich 1-2mal pro Woche in die Mediothek begleitet. Zahlreiche Jugendliche kommen “nur” wegen Mambo in die Mediothek, holen sich mit ein paar Streicheleinheiten Kraft und Energie für die bevorstehende Prüfung oder einfach für den Tag. Auch das sind prima Gelegenheiten, Beziehungen mit den Jugendlichen zu pflegen, zuzuhören, wie es ihnen geht und sich über Gelesenes auszutauschen.”
Welche Aktionen haben nicht funktioniert und haben Sie deshalb nicht mehr
durchgeführt?
“Ich stelle eine gewisse Mitmachmüdigkeit bei Wettbewerben fest. Diese Aktionen habe ich etwas heruntergefahren, weil Aufwand und Ertrag nicht übereinstimmen.”
Ihre Mediothek ist auch online sehr aktiv: Welche Idee steckt dahinter?
“In erster Linie ist es eine gute Möglichkeit, zu zeigen, was läuft. Lehrpersonen lesen vor allem die Blogartikel mit Unterrichtsthemen im Bereich Medienpädagogik, Leseförderung und Informatik. Schülerinnen und Schüler schauen sich Fotos oder Videos an, die in der Mediothek gemeinsam entstanden sind. Sie erfahren Details zu den Makerspace-Daten oder gelangen bequem zum Onlinekatalog. Zusätzlich ist die Webseite eine Möglichkeit, für weitere Interessierte sichtbar zu werden, Öffentlichkeitsarbeit zu leisten und dadurch mit Gleichgesinnten in Kontakt zu kommen. Den Instagram-Account führe ich klar für die Jugendlichen.”
Kommen Sie so näher an die Jugendlichen ran?
“Auf jeden Fall. Es ist immer wieder eine Freude zu sehen, wie schnell sie auf einen Post reagieren. Die Jugendlichen sind sehr aktiv und wertschätzend. Sie geben schnell und klar Rückmeldung, was ihnen gefällt und sind dankbare und ehrliche Berater*innen in Sachen Social Media.”
Viele Jugendbücher sind heute eingebettet in einen Medienverbund: Es gibt eine TV-Serie dazu, ein Game, ein Hörbuch usw. – weckt das die Lust am
Lesen?
“Ich stelle oft fest, dass ein Buch, das vielleicht schon lange in der Mediothek steht, erst dann zum Hype wird, wenn eine Serie oder ein Spielfilm entstanden ist. Insofern hat sich die Reihenfolge im Vergleich zu früher verändert. Zuerst der Film, dann das Buch. Das aber dann sehr gerne! Die Lust auf das Lesen kann heute durchaus auch via Film entstehen. Man darf auch nicht vergessen, dass das “Filme lesen” ebenfalls viel Potenzial enthält. Auch hier muss eine Entschlüsselung eines Medieninhaltes stattfinden. Idealerweise kann man dann mit der Buchvorlage vergleichen und darüber sprechen, ob die Adaption gelungen ist oder welche Verbesserungsvorschläge die Jugendlichen hätten.”
Wie wichtig ist für Sie die Zusammenarbeit mit den Deutschlehrpersonen? Welche Kooperationen gibt es?
“Diese Zusammenarbeit schätze ich sehr. Wir pflegen im Schulhaus Sternmatt 2 einen sehr engen Austausch. Die Lehrpersonen holen sich Ideen und Rat bezüglich einer Klassenlektüre oder Medienproduktionen. Ich biete verschiedene Workshops an, die Medien ins Zentrum rücken oder stelle spezielle Medienkisten zusammen. Gern führen wir auch gemeinsame Projekte durch, wie zum Beispiel eine Bookslam-Buchtrailer-Spezialwoche, Hörspielproduktionen oder das Erstellen eines E-books über ein gelesenes Buch. Zusätzlich zirkuliert eine iPad-Kiste auf der 3. Oberstufe. Dazu biete ich verschiedenste iPad-Lektionen an, bei denen Bücher miteinbezogen werden.”
Wo sehen Sie für die Zukunft Potential bei der Leseförderung bei Jugendlichen – was fehlt noch? Und welche Themen sollten Jugendbücher aufgreifen?
“Ich bin überzeugt, dass Mediotheken wichtiger werden denn je und ein breites, ausgezeichnetes Angebot an Jugendliteratur und attraktiven Sachbüchern Standard sein muss. Die Mediothek als Treffpunkt, als Herz einer Schule und Ort zum Auftanken und Sein, zum Austauschen über Medien, Gadgets und Tools aller Art. Daneben braucht es Angebote, die Digitales und Analoges kombinieren, niederschwellige Mitmachmöglichkeiten, bei denen Jugendliche ihre Fähigkeiten, mit dem Handy umzugehen, zu gamen oder Social Media zu nutzen, einbringen können. Dann können beide profitieren. Themenmässig ist der da Bux-Verlag voll auf Kurs: Hier finden auch lesemüde Jugendliche attraktive Bücher, die sie sprachlich nicht überfordern und die Lust am Lesen (wieder) wecken, weil die Storys sie in ihrer Lebenswelt abholen, spannend und mitreissend sind. Solche Lese-Erfolge spornen an und machen Lust auf mehr. “
Instagramkanal