«Das Blinden-Fussballspiel hat mich beeindruckt»

Im Interview erzählt Karin Bachmann, warum sie “Monster im Dunkeln”  geschrieben hat, was sie über Zahnbürsten gelernt hat und warum ihr Beruf als Optikerin ihr neues Jugendbuch beeinflusst hat.

Karin, in deiner Geschichte geht es um einen blinden Jugendlichen. Hat dich dein Beruf als Augenoptikerin dazu inspiriert?

Karin Bachmann: „In meinem Brotberuf habe ich täglich mit Menschen zu tun, die nicht so gut oder sogar sehr schlecht sehen. Deshalb bin ich sicher besonders sensibilisiert für den Sehsinn. Aber mein Zugang zu dieser Geschichte war ein anderer: Ich wollte einen Krimi für Jugendliche schreiben. Schon lange faszinieren mich die beiden Thriller „Das Fenster zum Hof“ und „Warte, bis es dunkel wird“, zwei Filmklassiker aus den 1950er- und 1960er-Jahren. Meine Geschichte kann man als ein Remake von „Warte, bis es dunkel wird“ verstehen: Wie im Film hat auch mein Protagonist Arjen durch einen Unfall das Augenlicht verloren. Ausgangspunkt meiner Geschichte ist ein Überfall. Schon für sehende Menschen ist das Schlimme an einem Überfall, dass so etwas meistens völlig unerwartet geschieht – man sieht es nicht kommen. Wie fühlt sich so etwas erst für Blinde an? Diese Frage hat mich angetrieben.“

Wie leicht fiel es dir, dich in die Perspektiven eines Blinden hineinzuversetzen?

Karin Bachmann: „Ich habe erst beim Schreiben so richtig realisiert, wie schwierig es ist, eine solche Perspektive konsequent einzunehmen. Zum Glück konnte ich auf die Unterstützung von Betroffenen zählen. Die haben mir sehr geholfen und waren auch als Testleser im Einsatz. So konnte ich immer tiefer in ihren Alltag eintauchen und hatte dann auch Gewissheit, dass meine Geschichte realistisch ist und sich auch Betroffene darin wiederfinden. So viele für uns Sehende selbstverständliche Dinge  sind im Alltag von Menschen mit einer Sehbehinderung oder von Blinden anders. Die Leser merken das sicher schon beim Anfang meines Krimis. Jeder Schreibratgeber rät Autorinnen und Autoren, auf keinen Fall eine Geschichte mit der Schilderung eines normalen Tagesablaufs zu beginnen, da dies für die Leser zu wenig packend oder überraschend sei. „Monster im Dunkeln“ fängt ganz unspektakulär am Morgen mit dem Aufstehen an. Doch der Leser bekommt einen Einblick in den Alltag eines Nichtsehenden und realisiert, welches die Unterschiede sind,  und mit welchen Herausforderungen Blinde konfrontiert werden. Das fängt schon beim Zähneputzen an. Welches ist meine Zahnbürste? Wieviel Zahnpasta habe ich darauf?”

Wie hast du recherchiert?

Karin Bachmann: „Ich habe mit Betroffenen gesprochen und auch die Sehbehindertenhilfe in Basel kontaktiert. Und ich habe mich auch intensiv mit Torball beschäftigt; „Fussball“ für Sehbehinderte und Blinde. Ich habe als Zuschauerin an einem Torball-Jugendturnier teilgenommen. Eine ganz neue Erfahrung für mich. Ich hätte nie gedacht, dass es dort so hart zugeht. Es war total beeindruckend, wie schnell und flink die Spieler sich bewegten, obwohl sie alle nicht sehen konnten. Und alle waren mit Feuereifer bei der Sache. So wie sehende Jugendliche beim Fussball … Vielleicht kann ich einen kleinen Beitrag leisten, dass die Sportart auch bei Sehenden etwas bekannter wird. Denn wie ich gemerkt habe, können sich nur wenige darunter etwas vorstellen.“

Was wünschst du dir für dein Buch?

Karin Bachmann: „Mit „Monster im Dunkeln“ möchte ich jungen Menschen zeigen, wie gross die Selbstständigkeit von Sehbehinderten und Blinden allen Herausforderungen zum Trotz ist, und wie sie ihren Alltag bewältigen. Sehende Jugendliche können sich darunter meistens kaum etwas vorstellen. Ich hoffe, dass viele Schulklassen das Buch im Unterricht lesen und dadurch einen Einblick in den Alltag von sehbehinderten und blinden Menschen erhalten. Es wäre schön, wenn ich auch das eine oder andere Vorurteil abbauen kann. Arjen, der Protagonist, ist eine positive Person, er lässt sich trotz seiner Behinderung nicht unterkriegen. Vielleicht kann ich damit auch Betroffene motivieren. Deshalb wäre es auch mein Ziel, dass das Buch auch noch in Brailleschrift oder als Hörbuch erscheint. Mein Verlag und ich klären gerade ab, ob das möglich ist.“

Deine Geschichte soll besonders auch Jugendliche ansprechen, die nicht gut oder nicht gerne lesen. War das für dich beim Schreiben eine Herausforderung?

Karin Bachmann: „Die erste Version habe ich geschrieben wie immer und mir noch keine grossen Gedanken gemacht, ob es zu anspruchsvoll ist. Das geschah erst beim zweiten Durchgang, da habe ich dann viele Relativ-Sätze rausgestrichen. Zum Glück konnte ich auf das da bux-Team und besonders meine Lektorin Alice Gabathuler zählen, die mich kompetent beraten hat. Ich glaube, ich habe noch bei keinem Projekt zuvor so viel gelernt.“

Weitere Informationen und Leseprobe “Monster im Dunkeln”

Monster im Dunkeln