«Die meisten denken an Frankenstein-Forscher»

Wie bist du auf das Thema Biohacking gekommen? Warum willst du Jugendliche damit konfrontieren?

Severin Schwendener: „Ich arbeite im Bereich Biosicherheit im Kanton Zürich und bin da mit neuesten Entwicklungen im Bereich Gentechnik konfrontiert. Auf die Idee, etwas aus meinem Fachbereich in ein Jugendbuch zu packen, brachte mich aber Alice Gabathuler, meine Lektorin. Ich war anfangs skeptisch, dass Jugendlich sich dafür interessieren.“

Was möchtest du mit dieser Geschichte bei Jugendlichen erreichen?

„Was im Bereich Gentechnik derzeit fehlt, ist eine sachliche Debatte. Die öffentliche Diskussion wird von absolut Gentech-feindlichen NGOs dominiert, welche die Technik als etwas Böses darstellen. Beim Wort Gentechnik denken die Leute an Frankenstein-Forscher, die im Labor Killerviren produzieren. Ich möchte hier ein anderes Bild vermitteln.“

Hast du die Geschichte bei Jugendlichen schon getestet – wie viel wissen Jugendliche über dieses Thema? Sehen sie vor allem die Vorteile, finden sie es spannend – oder befremdet sie das auch?

„Manchmal kommt bei Lesungen die Frage auf, was mein «richtiger» Beruf sei. Die Jugendlichen finden es jeweils spannend, wissen meistens aber nicht viel davon. Umso mehr ist ein Anstoss für eine Diskussion natürlich notwendig.“

Du hast dich ja schon beruflich mit Genetik und Biohacking beschäftigt – verarbeitest du in dieser Geschichte all die Fragen, die bei dir dabei aufgetaucht sind?

„Ich habe im Rahmen meiner Arbeit in der Forschung Gentechnik angewandt. Als Biohacking wird das nicht bezeichnet; Biohacking ist mehr ein Synonym für «Do it yourself»-Biologie, die im Privaten stattfindet, während ich ein «Profi» war, der unter kontrollierten Bedingungen und mit zahlreichen Sicherheitsmassnahmen gearbeitet hat.  Bedenken hatte ich bezüglich meiner Arbeit eigentlich nie, resp. ich sah den Sinn dahinter und hatte Freude an einer spektakulären Technik – wie Bobo in meinem Buch. Es gibt aber offene Fragen rund um Gentechnik, und die habe ich versucht zu Wort kommen zu lassen – etwa ethische Bedenken, im Buch vertreten durch Luca.

Im Bereich Gentechnik und Biohacking ist heute schon viel möglich – fasziniert dich das oder macht dir das Angst?

„Ich bin sehr fasziniert davon – allerdings mehr von der professionellen, kontrollierten Gentechnik als vom privaten «Herumwursteln». In meinen Augen ist es unausweichlich, dass Gentechnik in Zukunft breit angewandt wird. Es wird immer einfacher und immer billiger, es gibt zum Teil sehr grossen Nutzen, gerade bei der Ernährungssicherheit in der dritten Welt. Das können wir mit unseren ethischen Bedenken höchstens verlangsamen, aber nicht aufhalten. Was diese Entwicklung für Auswirkungen haben wird, ist schwer vorherzusagen. Es wird positive und auch negative Konsequenzen geben; Menschen, die davon profitieren, und Menschen, die darunter leiden. Wie übrigens bei jeder anderen technologischen Entwicklung auch“

Was ist denn jetzt deine Meinung zu Gentechnik?

„Ich finde es primär eine spannende Technik. Allerdings macht es mir ein bisschen Sorge, wenn ich mir ausmale, was geschehen könnte, wenn der Mensch anfängt, im Erbgut aller möglichen Lebewesen inklusive jenes des Menschen herumzufummeln. Und das wird geschehen. Wenn erstmal irgendein Gentechnik-Verfahren erhältlich ist, das das eigene Kind grösser, schlauer, schöner oder sonstwie besser machen soll, dann wird es Menschen geben, die das anwenden.“

Biohacking – ein komplexes Thema – und die da bux Bücher sind relativ kompakt und einfach geschrieben. Was war für dich die grösste Herausforderung bei diesem Projekt?

„Kurze Texte sind immer schwieriger als lange, das weiss jeder, der schon mal für die Zeitung geschrieben hat und ein zweistündiges, interessantes Gespräch auf 1500 Zeichen komprimieren musste. Ich habe versucht, das Thema mit anschaulichen Beispielen zu erklären.“

Bioohacker

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