Am letzten Mittwoch feierte das da bux-Trio Alice Gabathuler, Stephan Sigg und Tom Zai eine Premiere – und das am Verlagssitz in Buchs SG: Die Oberstufe Buchs SG lud die drei Verlagsgründer ein, um für alle Schülerinnen und Schüler Lesungen aus ihren Büchern zu halten. Tom Zai brachte natürlich DER FLUCH DER WANZE mit. Wie hat er den Vormittag erlebt?
Tom, du hast an der Oberstufe Buchs SG zwei Lesungen aus deinem Buch DER FLUCH DER WANZE gehalten. Wie war es?
Tom Zai: Für mich eine vollkommen neue Erfahrung, obwohl ich ja täglich als Lehrer arbeite. 90 Minuten eine Gruppe unbekannter Schülerinnen und Schüler bei der Stange zu halten, ist echt harte Arbeit. Ich habe jede Minute genossen.
Die Bücher von da bux sind ja sehr kompakt, da kann man während der Lesung ja gleich das ganze Buch vorlesen ….
Tom Zai: Ich habe gar nicht so viel vorgelesen – obwohl es «Lesung» heisst. Das Thema von DER FLUCH DER WANZE sind Rollenbilder, also Stereotypen, (der Streber, die Tussi, der Klassenclown, die Sportkanone, die Gangstarapper, usw.) Deswegen habe ich mit den Jugendlichen intensiv daran gearbeitet. Dabei habe ich z.B. einige Witze erzählt. Witze sind voll von Stereotypen. Ganz am Schluss gab’s noch den Voodoo-Rap.
Wie haben die Schülerinnen und Schüler in Buchs auf die WANZE reagiert? Welche Fragen sind aufgetaucht?
Tom Zai: Eine der wichtigsten Fragen war: Darf man das? Im Zusammenhang mit Witzen und auch dem Voodoo-Rap muss ich mir diese Frage ganz ernsthaft selber stellen. Konkret: Darf man Witze und Sprüche über Schwarze machen, über Behinderte, über Lehrer, über … ? Meine Antwort ist: ja, aber. Ja: Weil, wenn man über alle Witze machen darf nur nicht über eine bestimmte Gruppe von Menschen, nennt man das Diskriminierung. Aber: Es kommt auf den Zusammenhang an, in den man einen Spruch oder einen Witz stellt. Ein Beispiel: In unserer Fasnachtszeitung (Walenstadt) ist der Busfahrer, der aus Afrika stammt, abgebildet mit dem Titel «unser Schwarzfahrer». Das kann man natürlich daneben, oder sogar rassistisch, finden. In derselben Fasnachtszeitung steht eine Sammlung von Sätzen: Du bist von Walenstadt, wenn … Einer davon lautet: … du in der Fasnachtszeitung stehst. In diesem Zusammenhang wird klar: Wir betrachten den Busfahrer als einen der Unseren und dann ist der Witz nicht ausgrenzend sondern das positive Gegenteil davon.
Deine Geschichte eignet sich ja ganz gut für Lesungen: Es kommen verschiedene Personen / Stimmen vor, die Geschichte hat Tempo und viele lustige Episoden – bereitest du dich auf Schullesungen speziell vor oder machst du das ganz spontan, jen nachdem wie die Klasse …
Tom Zai: Ich habe ein klares Programm, das in Blöcke eingeteilt ist. Je nachdem wie die Klasse sich auf einen Dialog mit mir einlässt, baue ich einzelne Teile aus, straffe sie oder lasse sie ganz weg.
Du hast schon viele Lesungen für Erwachsene gemacht – sind Lesungen für Jugendliche etwas ganz Anderes?
Tom Zai: Der Unterhaltungsanteil bei Lesungen für Erwachsene ist vielleicht etwas höher. Ein ganz wichtiger Unterschied ist aber: die Schülerinnen und Schüler sind als Klasse täglich, vielleicht seit Jahren, zusammen und kennen sich in- und auswendig. Die Gruppendynamik ist hier ein enorm wichtiger Faktor. Erwachsene sind eine eher zufällig gemischte Gruppe von Interessierten, die freiwillig an eine Veranstaltung kommen. Okay, das stimmt nicht ganz: an Lesungen für Erwachsene nehmen zu 90% Frauen über 50 teil, die in mindestens einem Chor singen und einen Hang zu violettem Filzschmuck oder grossen Foulards haben. Die anderen 10% sind Frauen unter 35, die vergebens darauf hoffen, an der Veranstaltung einen intellektuell ebenbürtigen Mann zu treffen. Der Rest sind Quotenmänner oder werden von ihren Frauen zur Teilnahme gezwungen. So viel zum Thema (festgefahrene) Rollenbilder (und mathematischen Eskapaden), sowohl hier, wie auch in DER FLUCH DER WANZE, in leicht überzeichneter Form.
Alle Infos zu DER FLUCH DER WANZE
Auch Alice Gabathuler und Stephan Sigg haben den Vormittag genossen (siehe Foto von der gemeinsamen Pause im Lehrerzimmer). Alle drei sind sich einig: Lesevormittage zu dritt sind etwas ganz Besonderes – hoffentlich gibt es bald eine Fortsetzung!